NACHHALTIGKEIT
EIN GESPRÄCH MIT DEM BERLINER LABEL OBJEKTE UNSERER TAGE
INTERVIEW

WIR DISKUTIEREN ALLES!

Reinhard Weßling, Christoph Steiger und David Spinner von Objekte unserer Tage (OUT).
Wir diskutieren ALLES!
AUTORIN: Catherine Hug

– mit Ausnahme der Fertigung ihrer Möbelentwürfe, die Objekte Unserer Tage ausnahmslos in Familienbetrieben in Deutschland herstellen lässt. Warum das auch in Zukunft so bleiben wird und wofür sich das noch junge Berliner Label trotz rasanten Wachstums noch Zeit nimmt – ein Gespräch mit Reinhard Weßling und Christoph Steiger im Haus of OUT in Berlin. Der Dritte im Team, David Spinner, ist aufgrund einer Erkältung nicht mit dabei.

CI-Magazin: Ihr habt Objekte Unserer Tage 2015 gegründet, mittlerweile findet man eure Möbel sogar in deutschen Konsulaten und Botschaften. Von außen betrachtet ist das eine rasante Entwicklung.

Reinhard Weßling: So rasant hat sich das für uns gar nicht angefühlt. Wir waren drei Gründer mit einem Gründerkredit von der KfW. Natürlich haben wir versucht, möglichst effizient zu investieren, denn aufgrund des begrenzten Budgets konnten wir uns nicht viele Fehler leisten, aber eigentlich gab es ein sehr kontinuierliches Wachstum. Wir haben unseren eigenen Webshop angefangen, dann lokale Partner gesucht, dann sind Handelspartner dazugekommen. Eigentlich ging alles Step by Step, aber klar, wir sind
auch nicht blind und haben schon gesehen, dass wir uns mittlerweile ein gutes Standing in der Branche aufgebaut haben. Das ist ein gutes Gefühl, weil die Zeit dorthin auch anstrengend und herausfordernd war. Aber es war natürlich auch eine schöne Zeit.

CI-Magazin: Wofür nehmt ihr euch auch in hektischen Phasen immer Zeit?

Reinhard Weßling: Wofür wir uns schon immer viel Zeitgenommen haben, ist das Design. Da geht es darum, auf alle Details zu achten und von vornherein die Produktion und alle anderen Bereiche mitzudenken. Dann ist uns die Zusammenarbeit mit unseren Partnern sehr wichtig. Die besuchen wir regelmäßig und tauschen uns aus. Und unser
Team: Wir essen mittags immer zusammen, reden miteinander auch auf privater Ebene, damit wir mehr voneinander wissen als nur den jeweiligen Aufgabenbereich.

CI-Magazin: Habt ihr eine klare Aufgabenteilung unter euch dreien? Wer entscheidet darüber, was OUT ist und was nicht.

Reinhard Weßling:
 Wir diskutieren alles!
Christoph Steiger: Es ist wirklich sehr demokratisch bei uns.
Reinhard Weßling: … und zwar nicht nur wir drei, sondern das gesamte Team. Weil wir schon auch das Gefühl haben, zu besseren Ergebnissen zu kommen, als wenn nur einer mit seiner Inselbegabung entscheidet. Die meisten Entwürfe kommen von David, obwohl wir auch mit externen Designern zusammenarbeiten, wie bei dem Sofa Ola von dem spanischen Duo Six N. Five, aber sonst ist das eine basisdemokratische Entscheidung.
Christoph Steiger: 95 Prozent der Kollektion kommen von David und sein Ansatz ist schnörkelloses zeitloses Design. Das ist auch ein Aspekt unserer Nachhaltigkeit, damit man sich an dem Tisch nicht nach einem halben Jahr sattgesehen hat. Der zweite Aspekt seines Designs ist, in Material zu denken. Gewachste Holzoberflächen lassen sich abschleifen, wenn der Tisch Kratzer bekommt. OUT ist gradliniges, zeitgemäßes und schnörkelloses Design mit einem Berlin State of Mind. Wir sind alle drei hier groß geworden. Das prägt auch das, was wir hier machen. Daher auch die Farben, die Vielfalt. Das ist uns sehr wichtig. Wir sind selbst auch sehr divers. Deshalb ist die Kollektion auch so eklektisch. Wir haben nicht eine Richtung, in die wir alles mit Gewalt reinpressen. Wir machen, worauf wir Lust haben. So ist es auch mit den externen Designern, mit denen wir zusammenarbeiten. Zum Beispiel der X-Chair, der ist ein zu 100 Prozent recycelter Stuhl von Hermann August Weizenegger, das war ein Dozent von David. Mit dem Sofa Ola ist das so eine typische OUT-Geschichte, das ist auf digitaler Ebene entstanden. Wir haben die Designer von Six N. Five über Instagram kennen gelernt, daraus hat sich dann eine Freundschaft entwickelt und dann haben wir gedacht: „Warum machen wir nicht mal was zusammen?“ Das muss sich irgendwie ergeben und zu uns passen. Wir versuchen Objekte mit Substanz zu schaffen, die eine Seele haben und dabei nicht modisch sind, an denen du dich nicht sattsiehst und die sich im Zweifelsfall reparieren lassen.

CI-Magazin: Und wenn doch mal etwas kaputtgeht?

Christoph Steiger: Der Wagner Dining Chair ist da ein gutes Beispiel, denn da ist auch oft die Sorge: „Was mache ich denn, wenn etwas mit dem Polster ist?“ Dann schickst du ihn halt einfach ein und lässt ihn reparieren. Wir kümmern uns drum. So einfach ist das. Oder der X-Chair, den kannst du zurückgeben und dann kann der einfach komplett eingeschmolzen werden. Dann wird ein neuer Stuhl draus.

CI-Magazin: Arbeitet ihr auch deshalb so gern mit Holz?

Christoph Steiger: Holz ist schon ein Love-Thema, weil es ein regionaler nachwachsender Rohstoff ist. Man kann so viel damit machen, es fühlt sich warm und schön an und irgendwie hat doch jeder so eine haptische Erinnerung aus seiner Kindheit. Wenn es lackiert ist, wird es natürlich ein bisschen wilder, aber selbst da macht Holz einfach Spaß. Reinhard Weßling: Holz passt auch gut zu dem Berlin-Thema: Ich mag vor allem die Herausforderung, ein eher warmes, natürliches Produkt zu nehmen und es dann nicht zu hygge werden zu lassen, sondern ihm mit Farben oder Formen zu einem ganz anderen Look zu verhelfen. Da ist der hier (zeigt auf Couchtisch Meyer in Leuchtrot) ein gutes Beispiel. Zu Beginn hatten wir drei Farben, das war Esche weiß gewachst, schwarz lackiert und das Leuchtrot. Damit wollten wir ein Statement zu der beigefarbenen Hyggewelt setzen. Und Kund:innen lieben die Farbe. Es ist unsere bestverkaufte Farbe überhaupt!
Christoph Steiger: Unsere Kund:innen, egal welche Altersgruppe und welche Region aus Deutschland, welches Geschlecht, tendieren zu knalligen Farben. Die haben Bock auf Farbe!
Reinhard Weßling: Ich glaube auch, dass die deutschen Kund:innen da mutiger sind, als man es ihnen zutraut. Unsere Handelspartner trauen sich da eher selten ran.

CI-Magazin: Auf eurer Website erfährt man, dass ihr ausnahmslos in mittelständischen Betrieben in Deutschland fertigen lasst. Warum?

Christoph Steiger: Das war von vornherein Teil unserer DNA. Wir haben gesagt: „Wir sind hier in Berlin und saugen die kreativen Vibes der Stadt auf und arbeiten mit Familienbetrieben aus Deutschland.“ Das drückt unsere soziale und ökologische Verantwortung aus.
Reinhard Weßling: Zu Beginn waren wir auf einer exzessiven Suche nach Partnern deutschlandweit, haben sie besucht, um zu schauen, ob das auch zwischenmenschlich passt. Erst waren es drei: Das war der Holzbetrieb, mit dem wir immer noch zusammenarbeiten, der Polsterer, den wir heute noch haben, und der erste der beiden Metallbauer, den wir heute noch haben und der uns beispielsweise die Stühle hier (zeigt auf die Wagner-Stühle) biegt. Bei denen hatten wir ein gutes Gefühl und andererseits auch das Commitment von deren Seite, in uns zu investieren, auchin Hinsicht auf Prototypen-Entwicklung et cetera. Letzten Endes hat sich das Vertrauen für beide Seiten ausgezahlt.

CI-Magazin: Was ist mit den Materialien, dem Holz, Schaumstoff und so weiter, die ihr für eure Möbel verarbeiten lasst? Legt ihr da auch so viel Wert auf Regionalität und Nachhaltigkeit?

Reinhard Weßling: Auf jeden Fall. Alle unsere Hölzer kommen aus Europa, die meisten aus Deutschland und Österreich, teilweise auch aus Kroatien, weil dort mehr Esche angebaut wird. Und natürlich sind die alle zertifiziert. Gerade weil Holz der wichtigste Rohstoff für uns ist, achten wir da besonders drauf. Wir haben uns aber auch für nächstes Jahr vorgenommen, OUT insgesamt klimaneutral zu machen. Einfach weil es für uns ein natürlicher Schritt ist, der uns sehr am Herzen liegt.
Christoph Steiger: Das ist Teil unserer Daseinsberechtigung. Dabei bekommen wir oft zu hören, dass andere Marken doch auch nachhaltig seien. Aber soziale Standards in Deutschland sind halt anders als zum Beispiel in Rumänien und das Holz, das wir aus Deutschland und Österreich beziehen, ist halt nachhaltiger als ein ebenso zertifiziertes Holz aus Russland.
Reinhard Weßling: Auch der Schaumstoff kommt bei uns aus Deutschland, etwa 30 Kilometer entfernt von unserem Polsterer, der in dritter oder vierter Generation auf der Schwäbischen Alb sitzt.
Christoph Steiger: Wir hatten einfach vor der Gründung das Gefühl, dass es keine deutsche Möbelmarke gibt, die unserer Generation entspricht. Wir waren ja sehr jung!
Reinhard Weßling: Sind wir immer noch!
Christoph Steiger: Das war ein Grund für uns, OUT zu gründen. Und gerade wenn man sieht, was da draußen los ist: Die, die jetzt nachkommen, denen ist es wichtig, dass es anders wird. Deshalb hoffen wir, dass unser Konzept zukunftsträchtig ist. Der andere Punkt war, dass es nicht nur für eine absolute Elite erschwinglich sein sollte. Wir sind teuer, aber nicht crazy! Und es ist eine krasse Herausforderung, die Preise so zu gestalten, zum Beispiel den Wagner Chair zu diesem Preis zu machen, ein in Deutschland gefertigter Stuhl. Aber bei uns zahlst du nicht die Marke, sondern die Herstellung, das Material und das Design, und das ist im Gegensatz zu den meisten unserer Konkurrenten fair und lokal.

CI-Magazin: In welche Richtung wird sich das Sortiment von OUT in Zukunft erweitern? An welchem Entwurf arbeitet ihr zurzeit?

Reinhard Weßling: Viele! Ein Tischsystem, da geht es eher in den Office-Bereich, ein neuer Standspiegel wird sehr bald kommen, ein neues Bett, ein neuer Tisch aus Vollholz, ein neuer Arbeitstisch, den man aber mit dem Sofa kombiniert, ein neuer Beistelltisch, das sind so die Neuheiten für 2022. Ach ja, und ein gepolstertes Kopfteil als Ergänzung, ein neuer Barhocker passend zum Wagner. Langweilig wird es bei uns jedenfalls nicht!

CI-Magazin: Was wird es auf keinen Fall von OUT geben?

Reinhard Weßling: Man soll niemals nie sagen, aber schon weil wir in Deutschland produzieren, und das wird immer so bleiben, wird es uns schwerfallen, Produkte mit einem niedrigen Preispunkt, die massenweise verkauft werden müssen und vielleicht eine niedrige Zahlungsbereitschaft haben, auf den Markt zu bringen. Da würden wir schlichtweg nicht konkurrenzfähig sein. Und weil wir wollen, dass unsere Produkte einen emotionalen Nutzen haben, wird es Nippes wohl eher nicht bei uns geben.
Christoph Steiger: Wir sind ja schon für einiges zu haben! Der X-Chair ist ja wirklich ein ziemlich brutales Ding. Ich wüsste keine andere Marke, die sich trauen würde, so ein Ding rauszuhauen. Wir machen da schon, wozu wir Lust haben.

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